Was ist medizinisches Cannabis?

Was ist medizinisches Cannabis?
Inhaltsverzeichnis

Was ist medizinisches Cannabis? Diese Frage beschäftigt Forscher, Ärzte, Patienten und die Gesellschaft gleichermaßen. In den frühen 1990er-Jahren entdeckten Wissenschaftler das körpereigene Endocannabinoidsystem. Seitdem hat die Forschung rund um Cannabis einen neuen Aufschwung erlebt.

Im März 2017 trat in Deutschland das Gesetz „Cannabis als Medizin“ in Kraft. Seitdem dürfen Ärzte Cannabisarzneimittel verschreiben. Die Abgabe erfolgt ausschließlich in Apotheken. Dort wird die Qualität streng kontrolliert, da Cannabis hier als verschreibungspflichtiges Arzneimittel gilt.

Das Wichtigste in Kürze

  • Medizinisches Cannabis ist ein Arzneimittel aus der Hanfpflanze.
  • Es wirkt über das körpereigene Endocannabinoidsystem.
  • Die wichtigsten Cannabinoide sind THC und CBD.
  • Seit 2017 ist es in Deutschland auf Rezept erhältlich.
  • Die Abgabe erfolgt ausschließlich über Apotheken.

Historischer Hintergrund von medizinischem Cannabis

Die Hanfpflanze begleitet den Menschen seit Jahrtausenden. Aus den Fasern fertigten Menschen Seile, Stoffe und Papier. Die Blüten nutzten sie in der Antike und in der traditionellen chinesischen Medizin. Im 19. Jahrhundert kam Cannabis nach Europa. Königin Viktoria nahm es gegen Menstruationsbeschwerden, Kaiserin Elisabeth von Österreich gegen Husten.1 Bis ins frühe 20. Jahrhundert standen Cannabistinkturen in fast jeder Apotheke. Dann folgte ein Wandel. 1961 erklärte das UN-Einheitsabkommen Cannabis zur Droge.2 Besitz und medizinische Anwendung wurden verboten. Erst 2017 erhielt Cannabis in Deutschland wieder den Status eines Arzneimittels.

Endocannabinoidsystem als Grundlage für medizinisches Cannabis

Das Endocannabinoidsystem (ECS) wirkt wie ein inneres Steuerungssystem. Es beeinflusst Appetit, Stimmung, Schlaf und Schmerzempfinden. Das System besteht aus drei Teilen:

  1. Endocannabinoiden, also körpereigenen Botenstoffen.
  2. Cannabinoid-Rezeptoren (CB1 und CB2).
  3. Enzymen, die die Signalübertragung steuern.
Endcannabinoidsystem als Grundlage für medizinisches Cannabis erklärt

CB1-Rezeptoren finden sich vor allem im Gehirn, im Verdauungstrakt und im Fettgewebe. CB2-Rezeptoren sitzen überwiegend in Immunzellen. Pflanzliche Cannabinoide ähneln den körpereigenen Stoffen. Sie können an dieselben Rezeptoren binden und dadurch bestimmte Prozesse im Körper anstoßen. Genau diese Eigenschaft macht Cannabis als Arzneimittel interessant.3

Cannabinoide im medizinischen Cannabis

Cannabinoide gibt es in drei Gruppen:

  • Endocannabinoide, die der Körper selbst herstellt.
  • Phytocannabinoide, die aus der Pflanze stammen.
  • Synthetische Cannabinoide, die im Labor entstehen.

Für die Medizin sind vor allem die pflanzlichen Cannabinoide wichtig. Im Mittelpunkt stehen THC und CBD.

THC – Delta-9-Tetrahydrocannabinol

THC ist der bekannteste Wirkstoff der Hanfpflanze. Er ist für die psychoaktive Wirkung verantwortlich. THC bindet an CB1- und CB2-Rezeptoren und beeinflusst so zahlreiche Körperfunktionen. In niedriger Dosierung kann es bestimmte Symptome lindern. In zu hoher Menge kann es verantwortlich sein für Müdigkeitsgefühl, leichten Schwindel oder innere Unruhe.4

CBD – Cannabidiol

CBD wirkt anders. Es bindet nur schwach an die bekannten Rezeptoren. Es hat keine berauschende Wirkung und gilt deshalb als gut verträglich. Häufig setzen Ärzte CBD ein, um die Verträglichkeit von THC zu verbessern – gerade zu Beginn einer Behandlung. Jeder Mensch reagiert unterschiedlich. Deshalb beobachten Ärzte die Wirkung genau und passen die Dosierung an.5

THCCBD
Hauptverantwortlich für die psychoaktive Wirkung.Keine berauschende Wirkung.
Interagiert mit CB1- und CB2- Rezeptoren.Wirkt nur bedingt über CB1- und CB2- Rezeptoren.
Trägt zur Symptomlinderung z.B. bei chronischen Schmerzen, Spastik, und Chemotherapie-induzierter Übelkeit und Erbrechen.Kann zur Symptomlinderung bei verschiedenen Erkrankungen beitragen, wie z.B. chronischen Kopfschmerzen und Migräne, chronischen Unterleibsschmerzen, entzündlichen Darmerkrankungen, Stress und Angststörungen sowie Substanzkonsumstörungen.

Formen und Abgabe von medizinischem Cannabis

In Deutschland erhalten Patienten medizinisches Cannabis nur in der Apotheke. Die Präparate unterliegen strengen Kontrollen und werden standardisiert hergestellt.

Medizinisches Cannabis gibt es in verschiedenen Formen:

  • getrocknete Blüten
  • Extrakte und Öle
  • Fertigarzneimittel mit definierten Wirkstoffgehalten

Welche Form ein Patient erhält, entscheidet letztendlich der Arzt. Doch die medizinische Fragestellung und die Bedürfnisse des Patienten spielen bei der Entscheidungsfindung eine wichtige Rolle.

Fazit: Was ist medizinisches Cannabis?

Auf die Frage „Was ist medizinisches Cannabis?“ lässt sich zusammengefasst Folgendes antworten: Es ist ein Arzneimittel aus der Hanfpflanze, streng kontrolliert und verschreibungspflichtig. Seine Wirkung beruht auf der Interaktion mit dem Endocannabinoidsystem des Körpers.

Die wichtigsten Wirkstoffe sind THC und CBD, die sich in ihren Eigenschaften deutlich unterscheiden. Seit der Gesetzesänderung von 2017 ist medizinisches Cannabis in Deutschland wieder Teil der Medizin.

Für Patienten bedeutet das: Cannabis in der Apotheke ist kein gewöhnliches Naturprodukt, sondern eine klar definierte Form der Arzneimitteltherapie mit langer Tradition und aktueller wissenschaftlicher Bedeutung.

FAQ zu medizinischem Cannabis

Was ist der Unterschied zwischen Cannabis und medizinischem Cannabis?

Cannabis bezeichnet die Hanfpflanze sowie deren Blüten und Blätter, die zu unterschiedlichen Zwecken genutzt werden können. Von medizinischem Cannabis spricht man, wenn es sich um streng kontrollierte Produkte handelt, die nur auf Rezept in der Apotheke erhältlich sind. Bis zur Reform 2024 unterlag Cannabis in Deutschland vollständig dem BTMG (Betäubungsmittelgesetz). Erst seit der Gesetzesänderung im Jahr 2017 dürfen Ärzte Cannabis regulär als Arzneimittel im Rahmen einer ärztlichen Behandlung verschreiben – zuvor war dies nur über Ausnahmegenehmigungen möglich.

Wie bekommt man medizinisches Cannabis?

Ein Arzt stellt ein Rezept aus, wenn er eine medizinische Notwendigkeit sieht. Anschließend gibt die Apotheke die Blüten oder Extrakte aus. Wichtig ist der enge Kontakt zwischen Arzt und Betroffenen, um die passende Dosierung und Form zu finden.

Welche Rolle spielt die Krankenkasse?

Die Krankenkasse kann die Kosten übernehmen, wenn eine eindeutige medizinische Begründung vorliegt. Den Antrag stellt in der Regel der behandelnde Arzt im Namen des Patienten. Der Patient wird dabei einbezogen und steht während des Verfahrens in engem Kontakt mit Arzt und Krankenkasse. Für viele Facharztgruppen ist ein Antrag bei der Krankenkasse zwar nicht mehr verpflichtend. Um jedoch mögliche negative Folgen zu vermeiden, wird empfohlen, im Zweifel sicherheitshalber einen Antrag auf Kostenübernahme zu stellen. Auch wenn die Pflegebedürftigkeit kein offizielles Kriterium ist, spielt sie im Alltag häufig eine Rolle, da medizinisches Cannabis oft bei chronischen und langwierigen Krankheitsverläufen eingesetzt wird. Ob die Krankenkasse die Kosten trägt, wird in jedem Einzelfall entschieden.

Welche Nebenwirkungen sind möglich?

Medizinisches Cannabis als Arzneimittel kann leichte Nebenwirkungen wie Schwindel, Müdigkeit oder Konzentrationsprobleme hervorrufen. In manchen Fällen treten auch Unruhe oder Angst auf. Die genaue Reaktion hängt von Dosierung, Sorte und individueller Empfindlichkeit ab. Deshalb gehört jede Anwendung in eine ärztlich begleitete Therapie.

Kann man medizinisches Cannabis online bestellen?

Ja, aber nur unter bestimmten Voraussetzungen. Medizinisches Cannabis als Arzneimittel ist weiterhin verschreibungspflichtig und darf ausschließlich über Apotheken abgegeben werden. Dazu zählen auch zugelassene Online- bzw. Versandapotheken. Voraussetzung ist ein gültiges ärztliches Rezept, das digital hochgeladen oder per Post eingereicht wird. Nur so ist gewährleistet, dass die Abgabe nach den gesetzlichen Vorgaben erfolgt und die Qualität geprüft ist. Angebote außerhalb des Apothekensystems sind illegal und bergen erhebliche Risiken.

Welche Beschwerden stehen im Zusammenhang mit Cannabis?

Cannabis kann im Rahmen einer ärztlichen Therapie eingesetzt werden, wenn andere Behandlungen nicht ausreichen. Besonders häufig betrifft das Schmerzen, etwa chronische oder schwer behandelbare Schmerzen. Hierzu gibt es immer mehr wissenschaftliche Informationen und laufende Forschung. Nimm Kontakt zu deinem Arzt des Vertrauens auf, wenn du individuellere Auskünfte einholen möchtest.



  1. Fellner, S., & Unterreiner, K. (2013). Morphium, Cannabis und Cocain: Medizin und Rezepte des
    Kaiserhauses. Amalthea Signum Verlag.
    ↩︎
  2. Pisanti, S., & Bifulco, M. (2017). Modern history of medical cannabis: from widespread use to
    prohibitionism and back. Trends in Pharmacological Sciences, 38(3), 195-198.
    ↩︎
  3. Di Marzo, V., & Piscitelli, F. (2015). The endocannabinoid system and its modulation by
    phytocannabinoids. Neurotherapeutics, 12(4), 692-698.
    ↩︎
  4. Lucas, C. J., Galettis, P., & Schneider, J. (2018). The pharmacokinetics and the
    pharmacodynamics of cannabinoids. British journal of clinical pharmacology, 84(11),
    2477-2482.
    ↩︎
  5. Larsen, C., & Shahinas, J. (2020). Dosage, efficacy and safety of cannabidiol administration in
    adults: a systematic review of human trials. Journal of clinical medicine research, 12(3), 129.
    ↩︎